Laudatio zur Heinar-Kipphardt-Preisverleihung an Franz Leutner

11. Mai 2024 im Kinocafé Taufkirchen
von Hanna Ermann und Heiner Müller-Ermann


Es gibt in unserem Land viel Anlass, die Zustände zu kritisieren und zu beklagen. Das tut auch der Franz gern, allerdings folgt dann im nächsten Atemzug: Da muss man was dagegen machen! Oder, präziser, da muss ich, da müssen wir was dagegen machen. Und dann macht er was dagegen. Franz ist ein Anschieber, ein Aktivist. Er hat eine Idee, dann setzt er sie um in Aktion, wirbt um Mitstreiter, bringt die Sache erfolgreich ins Laufen. Wenn's dann gut läuft, wenn's dann auch ohne
ihn läuft, tritt er in die 2. Reihe zurück und verfolgt eine neue Idee.

Nun wollt Ihr wahrscheinlich wissen, wie Franz Leutner, genauer gesagt, der Leutner Franz, zu dem geworden ist, der er ist. Ja, wir wüssten es auch gern. Zumal wir die Ehre, aber eben auch die Aufgabe haben, ihn anlässlich dieser Preisverleihung zu würdigen. Aber gut, dann versuchen wir's mal mit diesem Mann, der sich in keine Schublade stecken lässt, weil er auch aus keiner Schublade stammt. In hochintellektuellen Kreisen würde man für den heutigen Abend einen Titel wählen wie „Franz Leutner – eine Annäherung“, oder ähnliches. Wir wollen es etwas einfacher machen und sagen: „Der Leutner Franz – Respekt!“
Also, er ist ein Aktivist, ein Anschieber noch dazu. Zum ersten Mal in einer größeren Öffentlichkeit wurde dies erkennbar, als die Bayerische Regierung Ende der 60er Jahre feststellte: Der neue Großflughafen kommt nicht in den Münchner Süden. Dort nämlich hatten die Reichen schnell ihre Trachtengewänder angezogen und mitgeteilt, dass ein solches Großprojekt sich keinesfalls mit ihrer Heimatliebe vereinbaren lasse. Der Flughafen solle besser dort gebaut werden, wo es gar keine Heimat geben konnte, weil da ja nur ein paar arme Krautbauern und Pfefferminzpflanzerinnen lebten – nämlich im Erdinger Moos.

So also wurde der Leutner Franz aktiv, zusammen mit vielen anderen, die diese Art der bayerischen Machtarroganz nicht hinnahmen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass dieser junge Bursche aus Freising da schon besondere Fähigkeiten einbringen konnte. Er war normal und kräftig, konnte reden, und die Leute verstanden ihn. Dabei war und ist, bis zum heutigen Tag, nichts Künstliches und Anbiederndes dabei. Stattdessen ist er ehrlich und beschönigt nichts. Und so spürt jeder, dass hier einer ist, der aktivieren will, der die Leute anschiebt, bei dem mitzumachen, was er für das Richtige hält. Eine Bauplatzbesetzung hat er beispielsweise richtig gefunden, die Polizei aber nicht, so dass Franz und zwei weitere Flughafenwiderständler eine Anzeige bekommen haben und ihnen
eine hohe Geldstrafe angedroht wurde.
Übrigens, das Wort „Rede-Manuskript“ oder auch nur Stichwortzettel, kennt der Franz bis heute nicht. Die Leute aber sagten damals in Franzheim oder in all den Dörfern, wo er den Flughafenwiderstand vorantrieb: „Reden kann der!“ Und vertrauen kann man ihm auch. So zog der noch sehr junge Leutner Franz in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts viele Leute mit; schob den Kampf an gegen das Betonmonster im Moos. Und musste doch mit all den anderen Anfang der 80er-Jahre die große Niederlage hinnehmen.


Der Abwehrkampf gegen den Flughafen war also verloren. Diese Niederlage hat der Franz umgestülpt in ein konstruktives Projekt: genau so viele Hektar Grund wie durch den Flughafen unter Beton verschwinden, so viele Hektar sollen ökologisch aufgewertet werden durch biologische Landwirtschaft in der Region. Das war der Startschuss für TAGWERK. Franz ist ein Früherkenner, er hat prophetischen Instinkt. Damals hat noch niemand die Formel „bio + regional = optimal“ gekannt. Franz hat sie erfunden. Er hat erkannt, dass die herkömmliche Landwirtschaft eine Sackgasse ist, weil sie mit Pestiziden und Überdüngung unsere Lebensgrundlagen gefährdet. Da muss man was dagegen machen! Also hat er Kontakt zu den Bio-Pionieren gesucht und zu öko-affinen Verbraucherinnen. Und im selben Jahr, als die endgültige Baugenehmigung für den Flughafen erlassen wurde – 1984 – hat Franz die Verbraucher- und Erzeugergenossenschaft TAGWERK gegründet. Man muss an dieser Stelle sagen, dass die Christa bei der TAGWERK-Gründung mindestens genauso aktiv beteiligt war. Franz und Christa waren DAS Paar, das TAGWERK auf den Weg gebracht hat.

Für den Aufbau von TAGWERK war voller Einsatz nötig. Franz hat seine Stelle als Sozialpädagoge aufgegeben und für einen mageren Lohn – 400 DM, Geld war für Franz nie wichtig – für TAGWERK gearbeitet. Hat alle nötigen Arbeitsschritte erst mal selber ausgeführt, experimentiert, optimiert. 1986 passierte der GAU von Tschernobyl. Da hat Franz mit anderen TAGWERKlern eine Demo nach München zur Staatskanzlei organisiert und den Atomkraft-Verharmlosern von der CSU die verstrahlte Gemüseernte vor die Tür gekippt. Eine Bulldog-Demo in unserem Sinn!

Die TAGWERK-Zeitung ist natürlich auch eine Idee vom Franz gewesen. Er ist ja nicht nur ein Meister des gesprochenen Wortes, sondern auch des geschriebenen. 1987 erschien die erste Ausgabe, demnächst erscheint Nummer 163! Und das Tolle ist: der Franz ist seit damals ununterbrochen im Redaktionsteam dabei, schreibt richtungsweisende Artikel, und meistens hat auch er die entscheidende Idee fürs Titelbild. Dass das Thema Essen ein hochpolitisches ist, hat der Früherkenner Franz schon erkannt, lange
bevor es im Mainstream angekommen ist. Und weil er auch saumäßig gut kochen kann, hat er zwei Kochbücher geschrieben. 'Einfach buono' und 'Einfach fairspeisen'. Eine gelungene Mischung aus philosophischen Gedanken zum Thema Ernährung und praktischen Rezepten. In unterhaltsamer Form erfährt man da, warum die Verwendung regionaler Biolebensmittel einen Ausweg aus vielen Krisen darstellt. Die Rezeptur für eine faire Welt. Der Blick auf den eigenen Teller umfasst bei ihm
immer auch die Auswirkungen auf den Rest der Welt.


Dem Rest der Welt wendet sich Franz Leutner nun zu. TAGWERK ist in festen Strukturen, Kochbücher sind geschrieben, und in Höhenberg, ohnehin ein wichtiger TAGWERK-Partner, braucht man einen neuen Käser. Also geht der gelernte Keramiker ein paar Schritt weit über die niederbayerische Grenze und übernimmt die kleine Hofkäserei. Zwei, drei Wochenendseminare beim Verein für handwerkliche Milchverarbeitung, und dazu tüfteln, probieren, denken. Um Rat fragen und lesen, Prozesse beobachten – es dauert nicht lange und die Höhenberger Käserei wächst und gedeiht. Der Quark und hauptsächlich der stichfeste Joghurt begeistern heute noch die TAGWERK-Kundschaft. Bald darauf ist er Chef aller Werkstätten in Höhenberg. Nicht, weil es seinem Karriereplan
entspricht – das ist ein Wort, das der Franz ebenfalls nicht kennt. Nein, der vielseitige Handwerker wird gebeten. Nicht zuletzt auch deshalb, weil er als studierter Sozialpädagoge in diese Höhenberger Lebensgemeinschaft passt. Es folgen vielfältige Jahre. Jahre, in denen der Werkstattleiter Leutner nicht nur die Betriebsleitung, sondern hauptsächlich auch die Interessen der Betreuten bei ihrer Arbeit im Blick hat. Dass auch der Geist Rudolf Steiners bisweilen in diesem idyllisch gelegenen Dörflein herumschwebt, macht das Leben nicht immer einfacher. Interessant ist es allemal. Und, nicht zu vergessen, als der Leutner Franz Höhenberg den Rücken kehrt, hinterlässt er auch hier, so wie stets, ein gut funktionierendes Arbeitsfeld.


Bevor wir dauernd nur über Arbeit reden, werfen wir jetzt mal einen Blick auf den persönlichen Werdegang unseres Preisträgers. Aufgewachsen ist er auf dem Freisinger Domberg, quasi mitten in gebauter Kunstgeschichte. Der Vater war Hausmeister im Dom und in der theologischen Hochschule, die Mutter war dort Köchin. Beide Eltern waren manische Gärtner.
In der Schule hat der Franz schon seine freiheitlichen und revolutionären Ideen aufblitzen lassen und sich bei den schulischen Leistungen eher zurückgehalten. Aufs Gymnasium hat man ihn also nicht geschickt. Er hat dann eine Lehre bei einem Ofenbauer gemacht und anschließend die Keramikerschule in Landshut besucht. Auf dem 2. Bildungsweg hat er die Mittlere Reife und später das Fachabitur nachgeholt und konnte dann an der Stiftungsfachhochschule in Haidhausen Sozialpädagogik studieren. Während dem Studium hat er bei einem Teppichhändler gejobbt, der hat den Franz mit seinem schwarzen Wuschelkopf und seinem Schnauzbart als Türken ausgegeben und damit dem Teppichhandel große Authentizität verliehen. Sprechen durfte der bayerische Türke vor
der Kundschaft natürlich nicht.

Es war eine wilde Zeit in den Siebzigern. Gewohnt hat Franz immer in Wohngemeinschaften. In Freising, in der Nähe von Zolling, in Gaden und im alten Pfarrhof von Steinkirchen. Das war ein äußerst stattliches Gebäude mit vielen Zimmern und vielen Mitbewohner:innen, so um die acht Erwachsene und fünf, sechs Kinder. Der Manuel war auch dabei, der Franz ist ja schon mit 21 Jahren Vater geworden!, und auch Franziska ist noch in der Steinkirchener Zeit geboren. Eine echte alternative Lebensform war das in Steinkirchen, eine richtige Kommune. Privateigentum war praktisch abgeschafft, es hat eine gemeinsame Kleiderkammer gegeben, einen gemeinsamen Bücherschrank, eine gemeinsame Kasse. Bis eines Tages die Kirche das Haus wieder zurückhaben wollte. Sie hat den Bauernhof in Prenning bei Dorfen als Ersatzobjekt angeboten, dahin sind dann Franz und Christa mit den beiden Kindern umgezogen. Ein Glücksfall für Tagwerk, denn in Prenning war jede Menge Platz für das Warenlager der neu gegründeten Genossenschaft.


In einem katholischen Pfarrhof also, mitten im Holzland, wo die CSU damals bei Wahlen deutlich mehr als 100 Prozent erhielt, ausgerechnet da gab es diese Kommune, da hatte also ein kleines Wunder stattgefunden. Ein gutes Leben und Lieben, repressionsfrei und – wie man es damals nannte – ohne Konsumterror. Die katholische Kirche – dieser Schlenker sei erlaubt – hätte da einiges lernen können. Aber die hatten ja schon seinerzeit nicht auf den Franz von Assisi hören
wollen und so hörten sie auf den Franz von Steinkirchen erst recht nicht. Wenn schon Franz, dann fühlten sie sich bei Franz Josef Strauß immer noch am wohlsten. Womit wenigstens die Überleitung zur realen Politik geschafft wäre. Denn bei allen anarchistischen
und lustvollen Widerständigkeiten versuchte der Leutner Franz schon auch die offizielle Politik zu nutzen. „Das Private ist politisch“, war in jenen Jahren eine vielzitierte Erkenntnis. Er wandte sich den Jusos zu. Für einen, der schon vorher, mit 15, bei den Roten Garden begonnen hatte, war das ja fast schon ein bürgerliches Habitat. Einen bleibenden Schaden konnte es jedoch nicht verursachen, denn gegen Ende der 70er Jahre kam ja aus dem Südwesten der Republik eine ebenso bunte wie wilde Bewegung, gestählt aus den Kämpfen in Whyl, in Boxberg und um die Frankfurter Startbahn West.
Der grüne Haufen sortierte sich zur Partei, und Franz bildete, zusammen mit Christa Berger, seiner Frau, den Nukleus dieser Grünen im Landkreis Erding. 1984 zog er zusammen mit Günther Kuhn in den Kreistag ein. 1987 war er Landratskandidat, drei Jahre später, 1990, war er der grüne Kandidat für den Landtag. Was das in jener Zeit, noch dazu in einem derartig schwarzen Landkreis bedeutete – Ihr Alten erinnert Euch jener Jahre und Ihr Jungen nehmt es zur Kenntnis mit Respekt.

Im Kreistag war zu der Zeit die Müllpolitik das dominierende Thema. Die CSU wollte am liebsten eine Müllverbrennung. Franz hat sich in kürzester Zeit zum Müllexperten entwickelt und mit Günther Kuhn zusammen ein 16seitiges Müllkonzept für den Landkreis Erding ausgearbeitet. Natürlich hat die schwarze Mehrheit alle grünen Anträge abgelehnt, „man kann den Leuten nicht zumuten, den Müll zu trennen“, hat Landrat Xaver Bauer erklärt. Diese ignorante Haltung hat der Franz nicht ertragen – da muss man was dagegen machen! – und so hat er die Idee geboren, eine Bürgerinitiative zu gründen. Und plötzlich war ich zusammen mit Helmut Schwenzer und Jürgen Eyerich das Vorstandstrio der neu gegründeten „Kreismüllgruppe“. Der Franz hat wieder mal die Initialzündung gegeben und sich dann ein nächstes Aktionsfeld überlegt. Die Abfallpolitik hat sich dann übrigens dank der gründlichen Vorarbeit und der Kampagnen von unten tatsächlich entscheidend verbessert. Heute ist die CSU stolz drauf, dass sie die Mülltrennung erfunden hat.
Aus der parteipolitischen Arbeit hat sich Franz mehr und mehr zurückgezogen. Die Grünen wurden ihm zu angepasst, das alternative Element ist verlorengegangen. Er hat auch keine Zeit mehr gehabt. Das große Anwesen in Prenning, wo es immer was zu reparieren gab, die Gemüsegärtnerei, das Gewächshaus, die Schafe, die Bienen, die Familie – alles hat ihn gefordert. Und TAGWERK hatte eine wirtschaftlich problematische Phase, da hat Franz als Rettungsaktion den Gemüsehandel aus der Genossenschaft herausgelöst und ihn als eigenes Unternehmen privat übernommen. Buchführung hat er sich halt schnell in einem VHS-Kurs beigebracht.
Und dann ist die Christa gestorben, mit nur 42 Jahren, im November 1994. Das war für uns alle ein schlimmer Verlust. Und es war der Auslöser dafür, dass Franz mit seiner Tochter Franziska in eine Zweizimmerwohnung in die Stadt – also nach Dorfen – gezogen ist. Damit hat er wieder einmal seine ausgeprägte Veränderungsfähigkeit bewiesen.

Was wir vom Gesamtkunstwerk Franz jetzt noch nicht beschrieben haben, ist seine musische, seine künstlerische Seite. Also erstens mal: er singt gern und wunderschön. Wir haben eine Menge bayerische Volkslieder durch ihn und Christa kennengelernt. Auch Revolutionslieder, Arbeiterlieder, die Balladen von Brecht schmettert er voller Inbrunst. Unser Küchentisch-Singen (mit Begleitung vom Empl Toni auf der Diatonischen) ist jedes Mal ein kulturelles und geselliges Highlight. Geselligkeit hat der Franz von jeher gut gepflegt. Er hat ja sogar mal eine Zeitlang den Hirschwirt in Erding betrieben, eine Kultkneipe in den 70er/80er-Jahren. DER alternative Treffpunkt in Erding, wo sich die Flughafengegner getroffen haben, wo die Grünen gegründet worden sind, wo die linke
Szene beheimatet war. In Prenning sind legendäre Sommerfeste gefeiert worden. Und bei den großen TAGWERK-Festen war Franz natürlich immer dabei, da war er insbesondere für die Wasser-/Abwasser-/Gas- und Stromanschlüsse zuständig.
Über das technische Talent vom Franz haben wir noch gar nichts gesagt, aber man kann auch nicht alles reinpacken in so eine Laudatio. Jedenfalls – bei den Tagwerk Festen hat Franz dann immer große Mengen Gemüse auf dem Wok gebraten oder 500 Haferflockenpflanzerl geformt oder Gulaschsuppe gekocht. Kochen tut er ja gern, für viele, für Freunde, für die Familie, für seine Kinder und Enkelkinder, für seine beiden Brüder mit Anhang. Dass die Inge Asendorf schon lange dazugehört zu ihm, haben wir noch gar nicht extra erwähnt, aber das wisst ihr ja eh alle.
Ja, die Familie ist ihm wichtig, und für seine vier Enkelinnen ist er ein engagierter Opa. Lina, die Älteste, war mal ein Jahr in Georgien zu einem Sozialdienst und hat den Opa so lange bedrängt, sie dort zu besuchen, dass er tatsächlich – zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben – in ein Flugzeug gestiegen ist, um nach Tiflis zu gelangen. Für seine Enkelkinder hat Franz auch oft phantasievolle Geschichten geschrieben und wunderschön illustriert. Er zeichnet und malt nämlich verdammt gut, Wimmelbilder mit lustigen Figuren und alles Mögliche.

Außerdem ist Franz viel in Bewegung. Vorzugsweise in den Bergen. Am liebsten klettert er mit seiner Tochter. Die sonstigen Touren macht er die meiste Zeit im Jahr mit seinen Freunden und Freundinnen. Außer im Juni und Juli. Da ist er auf der Aberg-Alm im Chiemgau. Seit Jahren ist er da droben, flickt die Zäune, mäht Disteln und Ampfer. Sucht verirrte Jungrinder und wundert sich jeden Abend aufs Neue, dass er rechtschaffen müde ist. Im übrigen findet er, dass dies die zwei schönsten Monate im Jahr sind.
Vor ein paar Jahren ist Franz zurück nach Prenning gezogen, in die frühere Gemüsekühlung, die zu einer schmucken Kleinwohnung umgebaut worden ist. Viel privaten Platz hat Franz nie beansprucht, weil er nach dem Motto lebt „Ham ma ned zvui, trong ma ned z'schwaar, so duat's es aa“. Heute sagt man „Suffizienz“ dazu. Wichtiger als das Materielle ist ihm das Menschliche, das solidarische Miteinander, und da hat er es in der Hofgemeinschaft mit Heidi, Maria, Ralf und Moritz ganz gut getroffen.

Wenn er aber von seinem alten und neuen Prenning aus durch die Flur geht, fällt ihm von Jahr zu Jahr schmerzlicher die schleichende Ausrottung der Vogelwelt auf. Er wäre nicht der Leutner Franz, würde aus dem Schmerz nicht Wut und aus der Wut nicht der Drang zum Handeln. Also sucht und findet er Mitstreiterinnen und gründet in Dorfen die erste Ortsgruppe des LBV, des Landesbunds für Vogelschutz. Man muss ja schließlich was machen.
Sein offizielles Arbeitsleben hat er in den letzten Jahren in Waldkraiburg beschlossen. Im Berufsförderungszentrum war er wieder gefragt als der sozialpädagogische Praktiker. Oder war es der praxiserfahrene Sozialpädagoge? Er hatte jedenfalls viel mit Migranten zu tun sowie mit dem deutschen Amts- und Behördenwesen. Dass einer dann, mit dem Eintritt ins Rentenalter, nicht erschöpft und frustriert aufs Sofa sinkt, sondern sich in der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe engagiert, genauer gesagt, reinhängt aus Leibeskräften – das kann eigentlich nur noch eine entsprechende Fachfrau erklären, nämlich Maria Brand. Sie wird dazu gleich noch ein bisschen was sagen.

Wenn Franz Reden hält oder Texte schreibt, folgt er seinem eigenen Dreisatz: 1. klare Analyse der Situation, 2. Appell zur konstruktiven Veränderung, 3. optimistische Perspektive. Franz kann zwar nicht die ganze Welt retten, aber er ist einer, der jeden Tag die Welt ein Stück verbessert, und er hat noch nie einen öffentlichen Preis bekommen. Da muss man was dagegen machen – sagt die GEW – und deswegen sind wir heute hier.


Wir kommen zum Schluss. Vielleicht denken manche, es sei uns ein bisschen zu viel Privates in diese Laudatio hineingerutscht. Aber das war kein Versehen. Wir sind vielmehr davon überzeugt, dass eine Lebensleistung, wie der Franz sie bisher vorgelegt hat, nur einem lustvollen Menschen gelingen kann. Der in der Früh singend über den Hof geht, der abends mit Farbe und Pinsel kreativ ist, und der Freunde hat, mit denen er in die Berge geht und in den Biergarten.

Das Leben schätzen und genießen, daraus wächst Kraft. Wenn dann noch die Lust am Denken dazu kommt, Interessiertheit, Phantasie und Selbstvertrauen, dann kann Handeln entstehen. So haben wir jetzt doch, ganz nebenbei, ein bisschen klären können, wie so ein Gesamtkunstwerk namens Franz Leutner zustandekommen konnte. „Nicht betteln nicht bitten, nur mutig gestritten“, hat der Landrat Schuierer in Wackersdorf oft zitiert. Der Franz lebt es. Engagiert und entschlossen, furchtlos und unermüdlich – die Zahl derer, die er in diesem Sinne beeinflusst hat, ist groß.

„Der Leutner Franz – Respekt!“

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